Die zweite Chance – Hauptschulabschluss nachholen
Was früher die Ausnahme war, ist heute eine Selbstverständlichkeit: lebenslanges Lernen über Fort- und Weiterbildungen. Denn Wissen und Fertigkeiten müssen an den raschen Wandel angepasst werden. Und so hat sich der Bildungsmarkt erfreulich erweitert und auch für Menschen geöffnet, die keinen Schulabschluss haben oder einen höheren Abschluss erlangen wollen. Dies gilt auch für den Hauptschulabschluss. Dieser wird je nach Bundesland und Zahl der Schuljahre, die absolviert wurden, als einfacher oder qualifizierender bzw. erweiterter Hauptschulabschlussbezeichnet. Dabei ist dies für die Absolventen/Absolventinnen eher zweitrangig. Für den Einstieg und das Weiterkommen im Berufsleben ist es von besonderer Bedeutung, überhaupt einen Schulabschluss vorweisen zu können.
Zu viele Schulabgänger/-innen ohne Hauptschulabschluss
Trotz Schulpflicht verlassen nach wie vor etwas 7 % der Schüler/-innen die Schule ohne Abschluss, in einigen Regionen sind es sogar bis zu 25 %. Es handelt sich daher nicht um das Problem einzelner Schulabgänger/-innen. Entsprechend wurden zahlreiche Maßnahmen geschaffen, damit die „Bildungsverlierer/-innen“ sich nicht aufgeben und auf dem 2. Bildungsweg eine Chance erhalten, den Hauptschulabschluss nachzuholen. Eine Anstrengung, die sich lohnt, denn viele Arbeitgeber/-innen wissen durchaus zu schätzen, was es bedeutet, Verantwortung für den eigenen Lebensweg zu übernehmen und sich nachträglich zu qualifizieren.
Möglichkeiten, den Hauptschulabschluss nachzuholen
Interessenten haben die Wahl zwischen verschiedenen Ausbildungsformen. So gibt es vor Ort Einrichtungen des zweiten Bildungsweges wie beispielsweise Erwachsenenschulen, Abendschulen oder auch Volkshochschulen, an denen sie den Hauptschulabschluss in ein- bis zweijährigen Bildungslehrgängen nachholen können. Wer den Unterrichtsstoff der Hauptschule eigentlich gut beherrscht oder ihn sich selbst angeeignet hat, der kann sich für eine Externenprüfung anmelden und sich auf diesem Weg die Hauptschulreife bescheinigen lassen. Allerdings sollten die Bewerber/-innen sich vorab gut informieren, was in den Externenprüfungen tatsächlich abgefragt wird, und das vorhandene Wissen gegebenenfalls noch aktualisieren. So lassen sich auch einzelne Themen und Inhalte in Kursen und Seminaren belegen. Wer beispielsweise schon immer gut in Deutsch war, aber in Mathematik oder Englisch Schwierigkeiten hatte, wählt dann entsprechende vorbereitende Kurse. Eine dritte Möglichkeit besteht darin, Fernlehrgänge zu belegen, die ebenfalls auf den (qualifizierenden) Hauptschulabschluss vorbereiten und mit einer anerkannten Prüfung abschließen.
Unabhängig von Zeit oder Ort lernen: Hauptschulabschluss nachzuholen als Fernlehrkurse
Für welche Möglichkeiten sich die Interessenten entscheiden, hängt von deren Lebenssituation ebenso ab wie von ihrer Motivation und von der Frage, welcher Lerntyp sie sind. Ein Fernlehrkurs kommt beispielsweise infrage, wenn die Interessenten in ländlichen Gegenden wohnen, in denen lange Anfahrtswege zu einer Bildungseinrichtung das zeitliche Volumen, das sie für die Ausbildung aufbringen müssten, noch erhöhen. Teilnehmer/-innen an Fernlehrkursen können die Zeiten und Orte, an und von denen aus sie lernen, selbst bestimmen. Neben einem PC und einem Internetanschluss benötigt der/die Interessent/-in allerdings die feste Motivation, den Abschluss erreichen zu wollen. Von großem Vorteil ist es, wenn er oder sie durch Freunde und Familie zu Hause darin unterstützt wird. So sollte beispielsweise ein eigener Arbeitsplatz vorhanden sein. Bei der Auswahl eines Fernlehrganges sollten die zukünftigen Teilnehmer/-innen darauf achten, dass es sich um ein zertifiziertes Institut handelt.
Erfolgreich lernen – die Motivation entscheidet
Wer der Schule schon über einen längeren Zeitraum den Rücken gekehrt hat, sorgt sich vielleicht, dass er zum Lernen gar nicht mehr fähig ist. Natürlich will auch das Lernen gelernt sein, doch eines sollten Interessierte sich klar machen: Der feste Wunsch, einen Abschluss zu erreichen, trägt dazu bei, dass sich das Lernen erheblich erleichtert. Denn in der Regel fehlt es Schulabgängern ohne Abschluss nicht an Intelligenz oder Durchhaltevermögen, sondern an Motivation. In einem Alter, in dem der Hauptschulabschluss üblicherweise erworben wird, sind manche zu stark mit sich und anderen beschäftigt, müssen sich um Probleme in der Familie oder im Freundeskreis kümmern, die ihnen die Kraft, aber auch die Motivation rauben, den schulischen Lernstoff aufzunehmen. Fehlende Unterstützung durch das Elternhaus oder den Freundeskreis, das Gefühl, ohnehin keine Chance zu erhalten, können die Hauptschüler/-innen in einen Teufelskreis aus Angst und Verweigerung führen. Interessierte sollten sich daher klar vor Augen führen, dass sie in dem Moment, da sie sich selbst zum Nachholen des Schulabschlusses entschließen, in einer neuen Situation sind, die sich auf das Lernen selbst positiv auswirken wird. Und manch eine/r wird entdecken, dass Lernen sogar Freude bereiten kann – und das Nachholen des Hauptschulabschlusses eventuell nur als einen Schritt auf dem Weg zu höheren Bildungsabschlüssen betrachten.
Unterrichtsinhalte, die für den Hauptschulabschluss notwendig sind
„Nicht für die Schule lernen wir, sondern fürs Leben“ – wer diese allgemeine Weisheit während der Schulzeit nicht nachvollziehen konnte, merkt vielleicht später, was ihm entgangen ist. In der Vorbereitung auf den Hauptschulabschluss erhält er oder sie eine zweite Chance, sich Englischkenntnisse anzueignen, am schriftlichen Ausdruck in Deutsch zu feilen, die für jeden Berufszweig unabdinglichen Kenntnisse in Mathematik, Naturwissenschaften und in den Sozial- und Gesellschaftswissenschaften zu erwerben. Die Lehrenden in den Weiterbildungen vor Ort oder in den Fernlehrgängen kennen die speziellen Probleme, vor die sich Schulabgänger/-innen ohne Abschluss gestellt sehen und wissen in der Regel, den Stoff so zu vermitteln, dass er auf praktische Berufstätigkeiten vorbereitet. Niemand kann den Teilnehmern/Teilnehmerinnen garantieren, dass sich durch das Nachholen des Hauptschulabschlusses genau jene Türen für ihn oder sie öffnen, die er oder sie öffnen möchte. Dass die eigenen Ziele ohne Schulabschluss jedoch in der Regel unerreichbar bleiben, ist fast schon gewiss.